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Wir sind keine Opfer.

Aktualisiert: 3. Nov.


Zeit, mal einen Mythos aufzuräumen.


NEIN. Der Osten ist keine Erfindung des Westens.

Dieser Osten hat sich selbst erfunden. Und fühlt sich ganz wohl in dieser Daueropferrolle, die er sich gegeben hat. Selbst definiert als der "einzig sehende Teil" des Deutschen Volkes. Der für alle vermeintlichen Schlafschafe in die Widerstandsbresche springt. In einem Land, in dem der Andere schuld und verantwortlich ist.


Ein schonungsloser Blick ist nötig. Der nicht alle meint.

Aber irgendwie dann doch. Denn die, die anders sind, halten den Mund und lassen geschehen, was geschieht. Und tun damit das, was sie zumeist in der DDR schon taten. Mitlaufen und Kuschen.


Was Zustimmung bedeutet.


Da ich ein Ostdeutscher bin, darf ich diesen Blick wagen. Auch und besonders, wenn es weh tut.


Es ist Zeit.


Die Generation, die gerade am meisten klagt ist jene, die in der DDR zumeist schön mitgeschwommen ist. Und aus ihrem Betrieb gerne herausgetragen hat, was nicht niet- und nagelfest war. Um was zum Tauschen zu haben oder die Datsche aufzuhübschen. Am ersten Mai latschte man winkend mit. In die SED ging man "weil man musste". Aus diesem Grunde spitzelte man auch. Wenn´s in volkseigene Dach reinregnete rief man nach dem Staat, den man ja eigentlich (ganz heimlich) verachtete. Da man jedoch für derartige Meinungsäußerungen mit selbigem zeitnah in Form der ebenfalls von Teilen dieser Generation gestellten Staatssicherheit erheblich über Kreuz geraten konnte. Man wusste, dass es nicht läuft. Aber man ließ es so. Sollten es doch andere richten. Auch damals schon "die da oben" und "Hauptsache ich". Beziehungen schadeten nur dem, der kleine hatte. Und warum sollte man sich für andere opfern? ES ging doch ganz gut.


Nachdem dieses so bewirtschaftete Land dem Hinschied nachkam, weil einige wirklich Mutige im Widerstand waren und das Land einfach ausgehöhlt darnieder lag, da schloss man sich den Widerständigen an. Natürlich in der Masse erst, als es halbwegs sicher war. Man weiß ja nie, wozu die Russen so fähig sein würden. Dachte man sich. Stehend hinter der Gardine. Und dann Zack. Hatte man einen neuen Staat nach dem man rufen konnte. Der gern mit Milliarden aushalf (im übrigen ein Xfaches dessen, was man jemals für Geflüchtete aufbringen werden muss). Man wurde übernommen. Was man in der Masse in Kauf nahm, denn man wollte eigentlich nur bunte Schaufenster, D-Mark und Reisefreiheit. Die Erzählung von blühenden Landschaften nahm den letzten Zweifel. Doch schnell waren "die da oben" wieder "die da oben". Weil die Realität sich eben nicht an schöne Erzählungen hält. Ja. Man hatte bald alle Fassaden gerichtet, Straßen gebaut und Autos beschafft. Aber man hatte auch erkannt, dass es hart war in diesem neuen Land. Härter als früher. Und die Politik, die lange tapfer allen alles versprochen hatte, konnte eben nicht alles liefern. Was nicht ihre Aufgabe wäre. Aber da sie so tat, als wäre dies anders, war man nun im Hintertreffen beim Wähler. Und so hatte dieser - ganz praktisch - wieder jemanden, der Schuld war an allem. Und am Niedergang der soliden Heimat ja sowieso. An die man sich nun verklärt gerne erinnert. So, wie man auch die Russenfreundschaft wieder aus der Mottenkiste holt. Die es eigentlich nicht wirklich gab. Im Gegenteil. Man war offiziell sehr froh, dass die damals weg waren.


Thats it.


Kein Heldenvolk.

Keine Community der Sehenden. Während alles anderen Schlafschafe oder Systemlinge sind.


Einfach nur wir. Eigentümlich hilflos. Irgendwie dauersauer und egoistisch. Hauptsache wir. Die Sehnsucht nach Bedeutung lässt alle Werte fahren.


Man will ein bisschen Frieden. Aber eigentlich nur weil man Angst hat, mit reingezogen zu werden. Darüber hinaus will man ein bisschen mehr für uns. Sollen die doch alle bleiben, wo unser Pfeffer wächst. Klima? Kriege? Was geht es uns an. Hauptsache nicht hier. Weniger für andere bedeutet zwar für Rentner und andere nicht einen Euro mehr. Aber trotzdem gönnen wir keinem unser gutes Geld. Sollen die Politiker was abgeben, die man insgeheim mal wieder in die Produktion schicken möchte. Oder gleich in den Knast. Oder Schlimmeres. Hatte man ja damals schon gefordert. Als die Mauer fiel.


Und: Das ist schon alles, worum es geht.


Überspitzt? Oh ja. Es gibt viele berechtigte Verletzungen. Keine Frage. Und ja, es ist viel Unrecht geschehen. Aber nein. 35 Jahre später darf man sich nicht weiter dauerhaft in die Klageschleife stellen. Die DDR war kaputt. Weil wir sie haben kaputtgehen lassen. Die Rettung durch den Westen war ein Segen. Dass wir dabei bis heute unsere Interessen nicht immer gut vertreten, liegt an uns. Und zwar NUR an UNS.


Mein geliebter Osten. So kannst Du nicht weitermachen.


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