Seit einigen Monaten ist der Sachsenforst rund um unsere Stadt in den Wäldern mit der Bewirtschaftung des Forstes beschäftigt. Um es vorab zu sagen: Wirtschaftswald ist auch zum bewirtschaften da. Soweit, so einig. Was jedoch derzeit hier geschieht, ist aus meiner Sicht nur schwer hinzunehmen. Zerstörte Wege flächendeckend, kahl geschlagene Flächen und Chaos im Wald prägen das Bild für all jene, die sich trotz der Bedingungen hineinwagen. Für Freunde des Waldes ein trauriger Anblick. Für eine Stadt, die gerade versucht touristisch vorwärts zu kommen ein Tiefschlag, der uns um Jahre zurückwirft.
Ich habe mich daher entschlossen, zu einer Mahnwanderung für einen OFFENEN WALD aufzurufen, die am 29.3., 15 Uhr an der Talstation der Drahtseilbahn Erdmannsdorf beginnen soll. Wir wollen damit ein Zeichen setzen, dass es so nicht gehen kann. Anschließend werden wir eine Unterschriftenaktion starten, um gegen diese Form der Bewirtschaftung zu protestieren. Das Ergebnis werde ich der Geschäftsführung des Sachsenforstes überbringen. Gemeinsam mit der Bitte, nach Wegen des sinnvollen Interessenausgleiches zu suchen. Denn so ist der Schaden größer als der Nutzen. Nein, es nicht rechtlich gesehen nicht unsere Wald. Eigentümer ist der Sachsenforst. Doch streng genommen ist es dann doch wieder "unser" Wald, denn der Sachsenforts gehört dem Land Sachsen und das gehört ja irgendwie uns allen. Doch die Frage nach dem Eigentum ist zweitrangig, stellt sich doch hier eher die Frage nach Sinn und Unsinn dieses Vorgehens. Neben den naturschutzrechtlichen Belangen, über deren Bewertung ich nicht zu befinden habe, die aber nach Inaugenscheinnahme zumindest zu hinterfragen wären, hege ich strategische Zweifel am Sinn des Einschlages. Warum? Weil ich die These wage, dass der langfristige Schaden, den unsere Stadt dadurch erleidet dem Land teurer zu stehen kommt, als ein paar Tausend Euro Blitzgewinn beim Holzverkauf. Wenn wir - so stellt es sich derzeit dar - knapp zwei Jahre kein funktionierendes Wandernetz haben, bis eventuell die Wege wieder hergestellt sind. Wer kommt dann noch zu uns? Wer fährt Drahtseilbahn, geht in unseren Restaurationen essen und wohnt in unseren Hotels? Kaum jemand. Und wenn doch, dann werden diese Gäste eine tiefreifende Enttäuschung mit Nachhause nehmen. Eine Enttäuschung, die sich schnell hundertfach verbreiten wird. Ich weiß, dass man nicht alles auf Zahlen reduzieren sollte. Hier aber drängt es sich auf. Der Tourismus in Sachsen produziert rund zwei Milliarden Euro Umsatz. Direkt und indirekt hängen hier 225.000 Arbeitsplätze an dieser Branche. Auch in unserer Stadt gibt es viele Menschen, die hier ihren Lebensunterhalt verdienen oder Unternehmen verantworten, die in diesem Bereichen tätig sind. Diese wiederum beziehen Dienstleistungen von anderen Unternemen. Von Handwerkern, Werkstätten und dem Handel. Das ist der regionale Wertschöpfungskreis, den wir so dringen brauchen. Genaue Zahlen für unsere Stadt haben wir nicht. Wir können aber davon ausgehen, dass bei ca. 19.000 Übernachtungen und 200.000 Tagesgästen wir hier von touristischen Umsätzen in der Höhe von mindestens 2 bis 2,5 Millionen Euro pro Durchschnittsjahr erzielt werden. Nur ein Krümel vom großen Ganzen. Für uns aber lebensnotwendig und vor allem ausbaubar. Zum Vergleich: Der Sachsenforst erzielte 2014 landesweit einen Gewinn von 24,6 Millionen Euro bei einem Umsatz von etwas mehr als 140 Millionen. Und das war das beste Jahr des Unternehmens. Sicher ist das auch kein Kleingeld. Im Verhältnis gesehen aber dann doch eher die deutliche Nummer 2. Nun liegt es mir fern, das Unternehmen in Frage zu stellen. Noch einmal klar gesagt: Der Wald muss bewirtschaftet werden. Nicht zuletzt auch, um für kommende Generationen bereit zu sein. Meine Kritik ist mit Bildern belegt, die auf meinem facebook-Account zu sehen sind. In einem Gebiet, das von Tourismus lebt, kann man so nicht agieren! Zwei Jahre Waldsperre bedeuten für uns beinahe einen Neuanfang im Kampf um die Gäste. Ein wesentlicher Punkt bei der Prioritätenfrage berührt auch nicht den Sachsenforst. Das Übel liegt in dem Umstand, dass der Tourismus noch immer nur eine so genannte freiwillige Aufgabe der Kommunen darstellt. Das bedeutet: Schön, wenn ihr es macht. Egal, wenn ihr es nicht macht. Mit Blick beispielsweise auf die Zukunft des Erzgebirges und des dahinter stehenden Entwicklungsprinzipes "Zufall" eine für mich nicht nachvollziehbare Entscheidung der Landespolitik. Denn in der Tat muss man sich die Frage stellen, wie eine solche Region planvoll und zielsicher entwickelt werden soll, wenn die zentrale (und wahrscheinlich einzige zentrale) Entwicklungsbranche dem Zufall und der Freiwilligkeit überlassen bleibt? Und bleiben muss! Denn wenn es knapp wird im Haushalt, müssen die Kommunen in der Regel die freiwilligen Aufgaben als erstes streichen. Und knapp ist es überall. Logisch, dass sich dieses insgesamt dann auch den wirtschaftlichen Interessen des Landes unterordnet. Am Ende liegt die Antwort auf der Hand und auch hier reduziert sich alles auf Zahlen. Würde der Tourismus eine Pflichtaufgabe, müsste das Land per Verfassung alle damit verbundenen Projekte mitfinanzieren. Und das kostet Geld. Sicher eine weiter Diskussion wert. Auch wenn ich bereits mehrfach belächelnd darauf hingewiesen wurde, dass dies nicht zu ändern wäre: Ich habe gelernt habe, das nichts beständiger ist als die Veränderung. Warten wir also mal aktiv weiter. Zurück zum Wald. Ich denke, es sollte möglich sein, 1. in einer Region wie der unseren die Arbeiten so zu koordinieren, dass nicht eine gesamte Stadt flächendeckend durch den Forst für Jahre betroffen ist. 2. auf den Einsatz von schwerster Technik zu verzichten, um die Waldsubstanz zu schonen. Warum nicht mit Pferden rücken, wie man es früher tat? Das wäre sogar noch eine zusätzliche Attraktion und wird in anderen Bundesländern praktiziert. 3. die Ordnung nach den Durchforstungen wieder herzustellen. Totholz ist wichtig, wird hier aber scheinbar als Rechtfertigung für alles mögliche verwendet. 4. ein Nutzungskonzept zu entwickeln, das die Interessen der vielen Waldnutzer und die des Waldes an sich miteinander vereint. Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir keine Downhillstrecke bauen dürfen, weil die Räder die Baumwurzeln schädigen, wenn ich nun sehe, wie der Wald von Harvestern nahezu umgepflügt wird. Ich bin davon überzeugt, dass solche Forderungen umsetzbar sind. Mit gutem Willen und Augenmaß im Interesse der Bürger unserer Stadt und deren Gäste. Im Interesse der Natur und schließlich auch im Interesse des Wirtschaftsunternehmens Sachsenforst. Denn das Wald bewirtschaftet werden muss und dies nach Möglichkeit auch gewinnbringend, dies ist uns klar.
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